Der Hovi.
Versuch einer Rassebeschreibung – aus meinen Erfahrungen
Die Rassezucht des Hovawarts begann vor 100 Jahren. Ziel sollte eine Rückzüchtung auf den ursprünglichen, robusten Hofhund sein, der selbstständig den Hof und alles was dazu gehört bewacht. Der Hovawart ist deshalb auch heute noch ein Hund, der sowohl Wach-und Schutztrieb hat, als auch eine besonders enge Verbindung zu seinen Menschen eingeht. Er ist mittelgroß – Hündinnen bis 65 cm, Rüden bis 70 cm Schulterhöhe-, kräftig, hat mittleres Temperament und ist sehr eigenständig. Dadurch hat er weniger „will to please“ als z.B. die Retriever-Rassen, und er ist auch nicht so führig und unterordnungsbereit wie z.B. die Hütehunde. Draußen ist er sportlich und ausdauernd und für fast alle Hundesportarten geeignet. Als ehemaliger Hofwächter liegt er aber auch gerne vor Haus oder Hof und bewacht. Scheinbar schläft er, aber ihm entgeht nichts und damit er nicht selbst entscheidet, was zu tun ist, muss er von Anfang an mit Konsequenz erzogen werden. Er ist auch nicht so belastbar, wie einige andere Rassen. Er muss verstehen was er tun soll. Mit Spiel- oder Futter-Belohnungen ist er aber gut zu motivieren. Mit Druck erreicht man beim Hovawart gar nichts.
Aufgrund der besonders strengen Zuchtregeln in allen dem VdH angeschlossenen Hovawart Vereinen ist der Hovawart eine vergleichsweise gesunde Rasse mit einer für die Größe relativ hohen Lebenserwartung von meist über 12 Jahren.
Wie in allen Rassen gibt es natürlich auch beim Hovawart ganz unterschiedliche Typen. Unser erster Hovi war ein eher gemütlicher Vertreter seiner Rasse. Den Ball hat er nur geholt, wenn es dafür eine Futter-Belohnung gab. Feeke dagegen ist wie schon ihre Mutter, Daye vom Düringer Moor, ein ausgesprochen sportlicher Hund mit deutlich mehr Beutetrieb. Wenn ein Spielzeug fliegt oder gezergelt wird, ist das für sie die tollste Belohnung überhaupt.
Nach der Welpen- und Junghundeschule begannen wir deshalb mit dem Hundesport. Wir trainieren sowohl auf dem Schäferhundeplatz als auch auf den Hovawartplätzen von HZD und RZV, besuchten CreaCanis-Lehrgänge und haben einige Prüfungen abgelegt. Dadurch habe ich unterschiedliche Gebrauchshundetypen und Rasseunterschiede näher kennengelernt.
Während die deutschen und belgischen Schäferhunde einen ungebremsten Arbeitseifer an den Tag legen und sich begeistert unterordnen, muss Hovi erst überzeugt werden. Dabei ist er sehr sensibel, verträgt keine groben Kommandos, hinterfragt gerne das, was er soll und durchschaut seinen Menschen schnell, wenn dieser nicht authentisch ist.
Er hat dieses eigenständige Hofhüter-Gen noch. Das macht ihn zu einem sehr guten Wachhund. Das macht den Rückruf aber auch manchmal schwer, weil Hovi gern erstmal selbst nachschaut, warum er denn nun kommen soll. Je mehr er seinem Menschen und dessen Führungsstärke und Souveränität vertraut, desto besser wird das klappen.
Es ist die Aufgabe des Menschen, seinen Hovawart davon zu überzeugen, dass er auf seinen Menschen zählen kann. Dass er keine Aufgaben übernehmen muss, seinen Menschen nicht beschützen muss, sondern dass sein Mensch alles regelt. Das braucht Zeit. Und Konsequenz. Besonders in der Pubertät – und die dauert beim Spätentwickler Hovawart ca. 3 Jahre – wird alles gerne hinterfragt. Da braucht man Geduld, manchmal starke Nerven, aber auch eine gehörige Portion Humor.
Hovi braucht natürlich auch klare Grenzen. Wenn ihm die liebevoll, aber unmissverständlich gezeigt werden, wird er sie akzeptieren. Härte versteht und verträgt er nicht. Ein Hovi muss geführt werde, sonst übernimmt er. Ein erwachsener Hovi, der meint, die Führung übernehmen zu müssen, kann zum ernsten Problem werden. Ein Hovi, für den sein Mensch der Fels in der Brandung ist, ist ein Traumhund.
Ich glaube, alle Hovawarte lieben es mit ihren Menschen etwas zu unternehmen. Bei jedem Wetter -gerne auch kalt und nass und matschig – in Feld und Wald bei ausgedehnten Wanderungen zusammen Neues entdecken. Oder Spiel und Spaß haben beim Training auf dem Hundeplatz. Immer die gleiche Runde drehen reicht da nicht. Das wird ihm schnell langweilig und es kann passieren, dass er die Runde zu seinem Kernterritorium erklärt und dann muss man sehr aufpassen, dass er nicht in den ihm begegnenden Menschen und Tieren Eindringlinge sieht, die es zu vertreiben gilt.
Hovis brauchen aber nicht nur viel und abwechslungsreiche Bewegung, sondern unbedingt auch Auslastung für den Kopf. Dazu eignet sich Nasenarbeit ganz hervorragend, z.B. Suchhundearbeit wie Mantrailing oder Fährtenarbeit. Mit Feeke mache ich seit ihrem 3. Lebensmonat einmal pro Woche Mantrailing und seit einiger Zeit Fährten wir auch (FPr1 und FPr3). Sie ist mit großer Begeisterung dabei. Der Lohn ist ein entspannter Hund.
Zuhause sind Hovis eher ruhig, keine Kläffer, die bei jedem Geräusch loslegen, aber sie bekommen jedes Geräusch mit. Feeke kann stundenlang zu meinen Füssen unter dem Schreibtisch liegen, aber wenn jemand am Gartentor klappert, dann sagt sie Bescheid und ist in 3 s zur Stelle, bereit den Fremden mit Gebell zu vertreiben bis ich ihr sage, dass ich übernehme und sie sich nicht kümmern muss (das haben wir sehr intensiv trainiert und trainieren noch).